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großes finale für novak

das buch habe ich mir voriges jahr nach der lesung und vorangehendem interview mit peter henisch zur veranstaltung o-töne im mq gekauft. boboville (c) andrea maria dusl – erweist sich für kulturveranstaltungen als besonders geeigneter ort und die o-töne sind eine veranstaltungsreihe, auf die ich mich jedes jahr freue! an einem lauschigen sommerabend sitzt man auf unbequemen sesseln, wird von wind und lyrik gestreichelt und löscht seinen durst mit einem g’spritzten aus einem letscherten plastikbecher. kunstgenuss gratis! da gibt’s diesmal nix zu matschgern.
die auswahl der autoren sind meine wellenlänge. so war das „novak buch“ für mich ein volltreffer. gefällt auch emotionsgeladenen menschen ohne täglicher routine und mit gesunder galle.

er, der franz, ist ein braver postbeamter. erscheint im dienst pünktlich wie die uhr, funktioniert wie ein gut geschmiertes rädchen und sogar seine wöchentlichen treffen mit arbeitskollegen zum schachspiel zeigen in seinem leben keine überraschungen. er ist – natürlich – verheiratet, hat einen sohn, der in canada lebt und wie man so zwischendurch erfährt, bewegte er sich im nazimillieu, was den novak wundert, als er seine devotionalien im ‚jugendzimmer‘ entdeckte, dazu aber offensichtlich keine meinung hat. seine frau herta, der name passt gut zu franz, betreibt ein friseurgeschäft in einem vorort von wien. ich tippe auf purkersdorf, vielleicht auch gablitz, weil da auch vom neu errichteten eisenbahntunnel berichtet wird. bei all der normalität und unaufgeregtheit seines lebens, wird der novak an der gallenblase operiert. und dieser eingriff soll sein leben verändern. nicht, dass er sich deswegen fettfreier und gesünder ernährt. ganz im gegenteil, er vernachlässigt gesundheit und sein äußeres, um seiner neuen passion zu fröhnen. er wird zum opernnarr. angesteckt von (kranken)schwester manuela, die ihm einen walkman, opernkasetten und kopfhörer borgt, um von den unerträglichen plappereien und schnarchgeräuschen seines bettnachbarn kratky nicht mehr gestört zu werden. er sinkt dabei immer tiefer in die opernwelt, baut sich luftschlösser mit „seiner“ manuela und wird in augen seiner frau herta zu einem komischen kautz, der unerträgliche musik hört.
so wird die opernwelt zum sandkorn, das im gut geschmierte rädchen knirscht und es plötzlich aus der spur laufen lässt. er lehnt sich gegen herta auf, nicht als rebell, sondern macht einfach stillschweigend nicht das, was sie unter unaufhörlichem plappern von ihm verlangt. er ist auch kein mann der großen worte und kommentiert selten etwas, scheint auch keine eigene meinung zu haben. er lebt dahin in seiner durch sie vorgegebenen routine (sie verlässt das haus, er ist der novak, sie kommt nach hause und er ist wieder erwin). so versucht er tapfer, so wie man es von einem erwin nowak erwartet, sein eheleben gut zu durchtauchen, scheint orientierungslos, was herta wiederum mit midlife crises kommentiert. er schläft auf der durchgelegenen wohnzimmercouch, hört klassische musik. über den trampel manuela, die seltsame art ihres erwins tauscht sich herta mit ihrer freundin beim wöchentlichen treffen aus.
der novak wurde nach seinem krankenstand opfer einer frühpensionierung. die post muss sparen. der novak ist alt und ohne gallenblase, damit liegt es nahe ihm den einfühlsamen vorschlag der kündigung pensionierung im beiderseitigen einvernehmen zu unterbreiten. novak ist kein kämpfer und nimmt es hin.
der novak bricht aus. aber nicht lautstark und revolutionär. still, leise und zurückgezogen widmet er sich seinen opern, alles rundherum scheint nicht zu existieren. er, der bob dylan fan war – oder war es herta, die den popstar liebte, besucht sogar die oper. weint, bei madame butterfly, ist sich sicher manuela zu getroffen zu haben und löst etwas aus, das die geschichte zu einer wendung bringt, die natürlich nicht verraten wird.

der leser wird in einer wundervollen sprache und erzählform durch die geschichte geführt. sehr oft musste ich schmunzeln, sah herta vor mir und den novak, wie er still und leise sein schicksal ertrug und trotzdem zum großen finale kommt.

eine wunderbar komische und ironische geschichte in spießbürgerlichem milieu. bewegen wir uns nicht alle in einem hamsterrad, angetrieben von außenstehenden kräften? wir laufen, damit wir nicht auffallen und unsere ruhe haben? brechen wir dann aus und wenn ja, wann bitte?

novak, ist ein typisch wiener nachname. erste assoziation dazu ist für mich die von cissy craner interpretierte novak tragödie in zwei teilen.
teil 2:

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