Wir küren Siegerkrapfen!

Letzten Samstag war dritter Jour doux in Sachen Krapfen.

Jour doux, das ist eine nette und hochkarätige Verkostungsrunde, ambitionierter Mehlspeistiger, die typische österreichischer Produkte verkosten und damit in den Wettbewerb schicken. Unser Hauptaugenmerk legen wir dabei auf gediegene und gute Handarbeit unserer Bäcker und Konditoren. Mehlspeisen und Süßes aus der Massenproduktion ziehen wir nur als Vergleichswert heran, in welchem Feld sie qualitativ liegen. Unsere Gastgeberin war wieder titi, die die sehr große Runde von 12 Verkostern bei sich aufnahm. Einen Abend vor der Verkostung wurden von unserem Mastermind katha Verhaltensmaßregeln ausgeschickt, wie man einen Krapfenoverkill vorbeugen kann:
– nichts essen = ganz schlecht
– japanisch essen, sushi = nichts mit Knofl und Zwiefl

Es liegt einerseits auf der Hand zur Faschingszeit Krapfen zu testen. Anderseits ist es nicht sonderlich originell, weil viele auf diese Idee kommen. Wer allerdings die (veröffentlichten) Tests genau unter die Lupe nimmt, erkennt, hier werden hauptsächlich Produkte von Superbäckereien, oder Supermarktware getestet, als wäre der Beruf eines Bäckers oder Konditors bereits ausgestorben.

Ein großer Fehler ist, bei Verkostungen zu fragen, wie das Testobjekt schmecken soll. Da überschlagen sich die Meinungen und man findet kaum einen gemeinsamen Nenner. Bei Krapfen kommen unsere Teilnehmer schnell ins Schwärmen. Die Eigenschaften eines Krapfens, versetzen dich gedanklich sofort in den 7. Krapfenhimmel. So soll er sein:  flaumig, fest, schöne Form, Aussehen ist egal,  Rum im Teig, Rum in der Marmelade, nicht zu viel Marmelade, gerade richtige Marmelademenge, viel Staubzucker, wenig Zucker, schöne helle Bauchbinde, nicht zu fett, auf den ersten Biss kommt es an, etc. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir waren uns nicht einig. Der eine Krapfenkoster, hat ständig von flaumig geschwärmt, während ich ein Veto hörte, „an Biss soll er schon haben“. Links neben mir, hörte ich den Wunsch nach buttrigem Geschmack, rechts daneben wurde vehement nach einer aromatischen guten Marillenmarmelade verlangt. Mehr habe ich nicht mitbekommen, denn wir waren 12 Verkoster – eine Megarunde – mit einem Haufen Krapfen, von 23 Produzenten.

Die Verkostungsrunde testet Konditor- und Bäckerkrapfen auf Herz und Nieren

Krapfenparade

Der von katha erstellte Verkostungsbogen wurde neu überdacht: Für die Kriterien Form, Teigkonsistenz, Marmelade und Geschmack wurden Punkte vergeben, um so eine Gesamtnote zu vergeben. Wir sollten uns mit Kommentaren zurückhalten (was wir nicht ganz geschafft haben), um damit unbeeinflusst bewerten zu können.
Während die Krapfen da in Reih und Glied, schon geteilt auf uns warteten, gab es noch eine kurze Einführung in die Krapfologie. Es war nicht Cäcilia Krapf, die den Krapfen erfunden hat, sondern die Römer und das  schon vor 2000 Jahren. Globuli hat das runde Fettgebäck geheißen, das mit Honig übergossen wurde. Es braucht 6 Dotter pro Kilo Mehl, der Rum gehört in den Teig (darüber lässt sich streiten) und der Germteig braucht Zeit um gehen zu können (feine Poren im Teig). Das Fett muss anständig heiß sein, damit nicht zu viel Fett am fertigen Krapfen bleibt.

Es waren auch dieses Mal ganz entsetzlich grausliche Exemplare dabei, die traurig stimmten. Das nimmt mir als Tester ein wenig den Nipf. Aber es gab auch ganz hervorragende Stücke, die sich als Gewinner herausstellten. Der Krapfen der Massenbäckerei (Euro 1,30), fand sich im letzten Drittel unserer Reihung, war aber nicht der Schlechteste, das muss man zu seiner Verteidigung sagen. Um die Sache kurz zu machen, zähle ich nachfolgend in alphabetischer Reihenfolge die Kandidaten und deren Produzenten auf.

Aida, Blocher, Brandl (Linz), Café Bazar (Salzburg), Café Central, Café Europa/Mühlenbrot, Demel, Gerstner, Gragger, Groissböck, Heiner, Honeder (Linz), Hübler, Jindrak (Linz), Klement, Meinl am Graben/Kasses, Olsböck, Sluka, Ströck, Woloszyn, Pauser „Der Zuckerbäcker“, Urbann (Wels);

Gewinner:

Konditorei Jindrak , Euro 1,20, 70 g

Kurkonditorei Oberlaa,  Euro 1,70, 87 g

Konditorei Groissböck, Euro 1,25, 63 g

Ich bin mit dieser Wertung sehr zufrieden! Für mich sind das drei erste Plätze!

Nach der Verkostung haben wir pro Person (hätten wir alle Krapfenviertel gegessen) 6 Krapfen verspeist! In Griechenland wünscht man sich angeblich nach dem Essen: Καλή χώνεψη = Gute Verdauung!

Als Nachspeis gab es ein Fischbuffet mit allerlei selbstgemachten kalten Köstlichkeiten. Herzlichen Dank an die lebensrettenden Schwedentropfen!

Auch vom Krapfentest berichtet weltbeobachterin.

Jour doux 1 – Punschkrapfen

Jour doux 2 – Maroniherzen

14 Kommentare

Eingeordnet unter Ent(e)deckt, jourdoux, küchenente

14 Antworten zu “Wir küren Siegerkrapfen!

  1. Die Leser können sich die wunderbaren Krapfen nur vorstellen – zählen also nicht ganz zu den Gewinnern… 😉

  2. herr rufus darf doch aus der steiermark ausreisen, um sich einen krapfen zu kaufen. welchen krapfen empfiehlst du aus der stmk?

  3. Sehr lokal bei uns von der Konditorei Leitner und in Graz wohl vom Auer (http://www.hubert-auer.at/index.php?home)

  4. Den Scherz, einzelne Exemplare mit Zwiebeln oder Senf zu füllen, kennt man in Wien offenbar nicht, so feierlich seriös, wie die Testanordnung aussieht.

  5. boah ~ großartig getextet. kompliment!

  6. Nachdem ich heute schon 2 Krapfen verdrückt habe, bin ich verwundert, dass ich diesen Beitrag lesen kann und mir trotzdem das Wasser im Mund zusammen läuft. ;))

  7. Pingback: i want it all « Beitrag « esskultur.at

  8. Pingback: jour doux #3: faschingskrapfen « esszimmer

  9. Hier kommt der Gegenbesuch! 🙂

    Eure Krapfen kosten ja mehr als unsere (ich habe max. 1,20 Euro pro Stück bezahlt). Dafür habe ich sie allerdings nicht gewogen. 😉

    Ich hätte diese Menge nicht ohne einen halben Liter Milch zum „Herunterspülen“ durchgehalten; den Fisch danach hätte ich nicht mehr gebraucht, glaube ich. 😀

  10. michaela

    Da dachte ich, ich bin sattelfest. Aber „Nipf“ habe ich noch nie gehoert. Oder bin ich schon zu lange weg? 😦

  11. @rufus: Danke für die steirische Adresse. Auer gibt’s bei uns in Wien auch, aber das ist der Martin. 🙂

    @lamiacucina: Krapfen mit Senf – da hört sich der Spaß aber auf! 🙂

    @Lreporter: Danke! Wo bist denn du gerade blogmäßig aktiv. fb lehne ich ja ab, wie du weißt. 😉

    @chefmenü: komisch, so geht es mir auch schon wieder. aber wenn, dann nur einen von den Siegerkrapfen.

    @Hesting: Gute Frage, wie teuer, billig darf ein Krapfen sein? 1,20 finde ich angemessen. Du darfst nicht vergessen, unsere getesteten Krapfen laufen nicht in Hundertschaften vom Fließband und plumpsen von dort in die Friteuse. Und gute Marmelade kostet auch seinen Preis. Eindeutiges NEIN zur Industrieware! Vergleiche nächsten Fasching, du wirst staunen!
    Den Fisch danach brauchst du so dringend, das glaubst du gar nicht! 😀
    Danke für deinen Besuch!

    @michaela: Jemanden den Nipf nehmen kennst du nicht? Müsste man die Herrschaften aus den Bundesländern fragen, ob sie den Ausdruck kennen. Wenn nein, dann ist es wienspezifisch. 😉

  12. Pingback: Auf die Krapfen, fertig, los! « Titi Laflora

  13. joulupukki

    Wie ich lese seid ihr mit eurem Testergebnis ja ziemlich einig mit Bezirksblatt und Kurier? Dann muss ich Groissböcks Krapfen doch glatt auch mal kosten. Und die Entschlackunsgkur verschieb ma noch ein bisserl … ^^

  14. @joulu: uuuuh, tut mir leid, denn die krapfenzeit ist schon vorbei. Bei Groissböck liegst du nicht daneben. 😉

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